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Text der Predigt von Pfr.in Erka Tomassone, Waldenserkirche in Rora' (Turin), Lukas 11, 29 – 32
La pastora Erika Tomassone

“Wir brauchen eine neue große Erweckung.” Sagt mir eine alte Frau. „Wir müssen von Neuem aufbrechen, denn hier bewegt sich nichts, absolute Windstille.“ Ein neuer Aufbruch als Kirche für die Reise, für die uns die Berufung, die uns zugesprochen wurde, in Bewegung setzen will, natürlich.

Nicht allen gefällt es, in ihrem alltäglichen Leben Reisen machen zu müssen, nicht alle sind neugierig, nicht alle mögen es, mit Menschen aus anderen Kulturen und mit anderen Bräuchen in Berührung zu kommen, und dann die fremdartigen Speisen und die Krankheiten, nein danke. Nicht alle Leute können sich in den Ferien Reisen erlauben, andererseits, nicht alle Reisen sind Ferien, ein Ortswechsel kann auch andere Namen haben: Auswanderung, Auszug, Exil, Flucht. Wir gehören oft zu denen, die sich dem Reisen widersetzen: es ist besser, ein jeder bleibt zu Hause. Wenn wir jedoch vom Ruf unseres Glaubens sprechen, wird Reisen eine notwendige Aufgabe. Wenn du dich nicht in Bewegung setzen lässt, wenn du vor Gott nicht das Gefühl hast, nicht am richtigen Ort zu sein, ist etwas nicht in Ordnung. Im Stillstehen verbirgt sich die Gefahr, sich eine mehr oder minder schöne Wohnung zu einzurichten, ein Gedankengebäude, aus mehr oder minder müden Worten und Taten, wo alles seine Erklärung und seine Gründe hat, wo schlussendlich die Fragen nur aus dem Innern unseres Hauses gestellt werden, sich Begeisterung und Enttäuschung abwechseln, denn alles hängt nur vom menschlichen Gesichtspunkt ab, von dem aus wir, von innen her, die Dinge sehen. Das Ergebnis ist, dass du, anstatt dich der Begegnung mit jenem Gott hinzugeben, der seinen Ort verlassen hat, um dir entgegen zu kommen, dir Freiheit zu bringen und dich in Bewegung zu setzen, dich einbunkerst und dich dagegen wehrst. Du verschanzst dich in deinem ethischen, theologischen und geistlichen Zuhause.

Die Gesprächspartner Jesu in unserem Text hatten, wie wir, ein Zuhause für ihren Glauben geschaffen, eingerichtet mit Grundsätzen und Fragen, der Bemühung, das an sie gerichtete Wort Gottes richtig zu verstehen, mit einer Lebens- und Gottesdienstpraxis, in denen sie versuchten ihrem Glaubensbekenntnis gerecht zu werden.

Und dann kommt da Jesus, der Unvorhergesehene, Fremdartige. Konsequenter Weise legen sie an ihn die Maßstäbe ihrer Glaubensüberzeugungen an. Um sich auf ihn einzulassen, um ihm zu glauben, fordern sie ein Zeichen von Gott selbst. Ist doch eigentlich bewundernswert? Sie meinen nicht, hier selbst urteilen zu können, sondern stellen alles einem Zeichen Gottes anheim.

Was ist denn daran schlecht, von Gott ein Zeichen zu fordern, von unserem Gott? Ist er nicht ein Gott, der uns oft Zeichen angeboten hat, um sich mit uns in Verbindung zu setzen? Ein Regenbogen, ein Himmel voller Sterne, Gesetzestafeln, eine Frau mit einem kleinen Rest an Mehl, ein Todesschatten, der zurückschreitet, ein Mandelzweig?

Dennoch ist Jesus kategorisch: dieser Generation, in ihrer Unfähigkeit, sich befremden zu lassen, verschanzt hinter der Sicherheit der eigenen Überzeugungen, wird nur ein Zeichen angeboten: das der Fremdheit, eine Begegnung mit der Fremdheit. Jesus erinnert dabei an zwei Reisen, an zwei Erfahrungen, in denen sich Personen dem Fremdsein ausgesetzt haben:

Die Reise der Königin des Südens an den Hof König Salomons. Sie wollte den König eines kleinen Staates, der nicht einmal an ihr eigenes Reich stößt, persönlich kennen lernen, nur weil sie von ihm gehört hatte. Sie nimmt es auf sich, ohne Hintergedanken, sich einer ungewohnte Umgebung auszusetzen, nur um persönlich Zeugin der Weisheit des Königs zu werden, und sie wurde nicht enttäuscht.

Die Reise Jonas nach Ninive, für diese in sich selbst verbarrikadierte Generation das ausschlaggebende Zeichen. Felsenfest davon überzeugt, dass es zwecklos ist, nach Ninive zu gehen, in die große Stadt des Feindes mit ihrer fremdartigen und unverständlichen Religion, berühmt und berüchtigt für ihre Macht und ihre perfekte Organisation, versucht Jona die Reise zu vermeiden und sich in Sicherheit zu bringen. Schlussendlich, gezwungen die Reise nach Ninive doch auf sich zu nehmen und sich der der bedrohlichen Fremdheit der Stadt auszusetzen, begegnet ihm, nicht wie erwartet, der Tod, sondern, von Seiten unbekannter Menschen, die Bereitschaft, auf Gottes Wort zu hören, die Fähigkeit, den gewohnten Standpunkt zu verlassen, die sich vom Stadtrand her auszubreiten beginnt, bis sie offiziell zu einem alle betreffenden Erlass des Königs wird. Jona begegnet nicht dem Gericht Gottes, wie er es seiner Kenntnis von Gott und seiner Meinung über die Niniviten gemäß erwartet hatte. Er begegnet der Barmherzigkeit Gottes Menschen gegenüber, die für Gott hätten fremd und feindlich sein müssen, er selbst begegnet dabei einem fremdartigen, befremdlichen Gott, der ihn ständig verwirrt und überrascht, indem er allen die Bezeigung seiner Gnade zuteilwerden lässt.

Das Zeichen, das Gott den Niniviten mit Jona gibt, das Zeichen der Fremdheit, die dich dir selbst entfremdet und dein Leben verändert, ist dasselbe Zeichen, das der Generation der Zeit Jesu und jeder weiteren Generation, auch der unseren, gegeben wird. Der Verschanzung, der Selbstverteidigung, der übertriebenen Sicherheit, Nachkommen zu sein, zur Familie Gottes zu gehören, für Gott keine Fremden zu sein, antwortet Jesus mit dem Zeichen der Fremdheit.

Lukas zeichnet in Christus das Bild Jonas, das zur Umkehr als Bereitschaft zur Begegnung mit Gott, dem von uns selbst so völlig verschiedenen Gott, einlädt als Chance für unser Leben. Jona ist Fremdling unter den Niniviten, Jesus ist Fremdling unter uns.

Wir Menschen sind leider von Natur aus xenophob, d.h. feindlich, ablehnend, gegen alles, was uns fremd ist. Die Mauern, die Konflikte, die Vorurteile, die Kriegeum uns herum und in uns erinnern uns tagtäglich daran. Wir sind auch Gott gegenüber xenophob, indem wir versuchen, ihn innerhalb des Systems unserer Überzeugungen oder unserer menschlichen Verwirrung zu verstehen und festzuhalten. Nur tiefes Nachdenken, die Wiedererinnerung an die Nächstenliebe und große Anstrengung erlauben uns ab und zu, dem menschlichen und göttlichen Fremdsein entgegen zu gehen und zu versuchen, mit ihm ins Gespräch zu kommen.

Das Zeichen, das unserem Leben angeboten wird, ist genau der Ruf, von Neuem aufzunehmen, was nicht vorgesehen ist, was nicht in unsere Logik passt, was nicht homogen ist, was nicht ins System unsere Denkkategorien gezwungen werden kann. Angefangen mit Gott.

Die barmherzige Fremdheit Gottes ist es, die uns angeboten wird und die uns einlädt, uns auf die Reise des Vertrauens einzulassen. Wer sich schon in der Fremde befindet, dem wird das Zeichen angeboten; wer die Krise des Fremdwerdens erleben muss, der wird vom Zeichen begleitet.

  • Denn du beginnst immer wieder neu als einer, der die Katastrophe überlebt hat, wie Noah,
  • denn du lebst von der Verheißung gegen alle realistische Evidenz, wie Abraham,
  • denn du wanderst frei mitten in den Gefahren und Mühen der Wüste, wie das Volk nach der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei,
  • denn du, indem du mit den Letzten das Wenige teilst, wie Elia, bist für sie Quelle des Lebens,
  • denn in der unaufhaltbaren Vergänglichkeit des menschlichen Lebens, weißt du der Zeit, die dir noch zur Verfügung steht, Sinn zu geben, wie der König Hiskia,
  • denn wie Jeremia verkündest du, inmitten der gegenwärtigen Zerstörung, dass es noch eine Zukunft gibt.

Wenn wir es heute zulassen, dass Gott uns uns selbst fremd werde lässt, indem wir unsere Befestigungen und Verteidigungswälle aufgeben, begeben wir uns auf die Reise unter dem Zeichen Jonas. Indem wir Gottes Fremdheit willkommen heißen, wir, die wir ihm von Grund auf fremd sind, von ihm aber gesucht und geliebt werden, begegnen wir der wunderbaren und befreienden Gnade, mit deren Hilfe wir uns voll Vertrauen auf den Weg machen können inmitten der menschlichen Herausforderungen jeder Zeit.

In unsere Zeit, in der erneut materielle und ideologische Mauern errichtet werden, mit denen wir uns gegen andere verteidigen mit Stacheldrahtzäunen und Zerstörung, in feindlich gegenüberstehenden Fronten, ermöglicht uns Gott ein Leben als freie Reisende. Er halte uns fern von einem unbeweglichen, zur Verteidigung befestigten Leben, er lehre uns, unseren Unglauben zu bekennen, um uns in Bewegung zu setzen, er gebe uns die Fähigkeit, seine Gnade, die Personen wie wir, ohne besondere Qualitäten, völlig verschieden von ihm selbst, als Töchter und Söhne liebt, wieder in Rechnung stellen. Die Königin des Südens und die Niniviten sind unsere Vorgänger und für uns mehr als die Begegnung mit dem Propheten Jona oder dem König Salomo.

Ich weiß nicht, ob wir dies ein große Erweckung nennen werden, ob es den Neuaufbruch darstellen kann, den die alte Frau für die Kirche möchte, zu der sie selbst gehört, eine Bewegung, die über ihre eigene Generation hinausgeht. Amen.

23. August 2015